In Vergangenheit war das bei uns die Kath. Kirche und ihre Moraltheologie. An welchen Werten orientiert sich heute die Masse? Lässt sie sich nur vom Konsumrausch leiten?
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danke für dieses interessante Interview! Ein Schlüsselsatz für mich: "die meisten Menschen träumen nur noch von dem was eigentlich schon vorhanden ist..."
Die Gesellschaftsanalyse finde ich korrekt. Der Beschreibung des durchschnittlichen Bewusstseinszustandes der Menschen in unserer Gesellschaften (abgestumpft, einfallslos, uniformiert, gierig, unkritisch, angepasst, verwöhnt) kann ich einiges abgewinnen. Die radikalen Worte drücken für mich auch einen tiefen Schmerz des Autors aus über die beschriebenen gesellschaftlichen Strukturen und über den daraus resultierenden Bewusstseinszustand viel zu vieler Menschen - hervorgerufen durch die immer ausgefeilteren Strategien der Manipulation und Kontrolle mit immer perfekteren technischen Möglichkeiten, deren sich das herrschende ökonomische/politische System bedient. Dieser Schmerz, diese Verzweiflung würden es verdienen, ausgedrückt zu werden. „Wir müssen uns definitiv loslösen von dem Gedanken, dass die Welt einen höheren Sinn hat.“ Aus dieser Verzweiflung heraus ist dieser Satz konsequent und verdient Respekt. Ich teile ihn nicht.
Mir scheint dass die Wissenschaften vom Menschen - Psychologie, Philosophie, Medizin usw. - im Zuge der Aufklärung einen Schritt tun mussten, der sich heute als großes Problem darstellt: sie haben die spirituelle Dimension des Menschen der Theologie, den Kirchen überlassen. Getreu der mechanizistischen Sicht auf die Welt ist heute maximal noch vom bio-psycho-sozialen Menschenbild die Rede – und damit hat es sich. Die vierte Dimension, die spirituelle, ist m.E. vom Menschen nicht zu trennen. Sonst entsteht eben das weit verbreitete Erleben von Sinnlosigkeit und Verlorenheit, aus dem heraus dann die Klammerung an die tausend verfügbaren Ersatzobjekte unausweichlich ist.
Mir scheint, dass der Buddhismus als philosophisches Projekt der Menschheit (ich würde ihn gar nicht als Religion bezeichnen) uns zu diesem Punkt wesentlich weiterhelfen könnte.
Ich glaube auch, dass eine überkonfessionelle Spiritualität ein möglicher - oder der beste - Weg ist.
Der Satz " - „Wir müssen uns definitiv loslösen von dem Gedanken, dass die Welt einen höheren Sinn hat.“ ist auch für mich eine Ernüchterung.
Buddhismus als philosophisches Konzept finde ich auch zukunftsweisend, wenn auch schwer verdaulich für abendländische Kulturen. Die Religionen haben wohl alle ausgedient, da sie seit je her die Machtstrukturen gefestigt haben und vor allem, weil sie generell Frauen diskriminieren. Diesbezüglich ist wohl nur die evangelische Kirche eine positive Ausnahme.
Mit der folgenden Frage beginne ich diesen oben stehenden Beitrag: „Wer zeigt uns den richtigen Weg?“ Und schließe dann mit den weiteren Fragen an: „An welchen Werten orientiert sich heute die Masse? Lässt sie sich nur vom Konsumrausch leiten?“ Ich habe entdeckt, dass ich nicht der Einzigen bin, der sich in diesen Tagen und Wochen analoge Frage stellt. In der Wochenendausgabe der Tageszeitung lese ich folgende Sätze: „Was bedeutet es, in einer ambiguen, ambivalenten Zeit zu leben, wenn nicht mehr klar ist, was falsch ist und wahr, was fake und was richtig. Und wir keine Ahnung haben, wie wir Entscheidungen treffen?“Im letzten Kath. Sonntagsblatt lese ich „Von wem lassen wir und Führen und verführen?“
Meine Antwort wäre: Von den Medien und der PR unseres Turbokapitalismus. Das Sonntagsblatt kommt zu einer anderen Conclusio. Meine vage Hoffnung ist/war, dass anstelle der Kirche und deren Moraltheologie eine laizistische Ethik treten könnte, welche als eine übergeordnete neutrale Orientierungs- und Werte-Instanz auftritt. Meine Idee war, in Form von Ethikkommissionen für Politik, Wirtschaft/Finanzen und die Gesellschaft allgemein oder nicht zuletzt für die Medien. Diese könnten auch bei Frage, wie des Natur- und Klimaschutzes einerseits oder dem Geschlechterkonflikt und das Gewaltproblem ein neutrale wissenschaftliche Sicht und Orientierung geben sollten.
Ein Philosoph und Ethiker, den ich im Rahmen dieser Recherche kennengelernt habe, sagte mir, dass es bereits Beispiele in diese Richtung geben würde. Meine Recherche hat aber ergeben, dass es Ethikkommissionen vorwiegend im Gesundheits- und im Forschungsbereich gibt. Ganz einzelne nur in Randbereichen wie z. B. Tierethik. Zu meiner Ernüchterung gibt es keine Ethikkommissionen, die sich mit den oben genannten Bereich spezifisch befassen. Niemand gibt allgemeine Werte vor, die nicht nur für das Individuum, sondern für die Gruppe, für Verbände und Parteien oder allgemein für die Gesellschaft richtungsweisend sein sollten.
ich wäre nicht ganz so pessimistisch. Es stimmt, dass sich im Gesundheitswesen einiges tut, aber dort wird die Problematik eben zwangsweise mehr wahrgenommen, in einer Gesellschaft, die veraltert und die Widersprüche zwischen Wissenschaft, Ressourcenmangel und Mensch immer mehr zu spüren bekommt. Aber ich denke, dass sich auch in der Wirtschaft und im Problemfeld der Verteilung des Reichtums Widerstand breit macht. Dort klammert sich der Mensch allerdings bis zuletzt an gewohnte Privilegien und der Prozess dauert länger.
Auch im Management gibt es seit längerer Zeit starke Bestrebungen in Richtung Ethik. Die "Soft Skills" sind erwiesene Voraussetzungen für eine wirksame Leadership. Da haben wir natürlich einen Generationenkonflikt in den Führungsriegen, der noch einige Jahre dauern wird, aber die Tendenz ist unaufhaltsam. Im Sanitätsbetrieb haben wir hochinteressante und groß angelegte Projekte laufen, wie "Relationship Based Care" und die "Bioethischen Fallbesprechungen". Die Erblast eines rein leistungsorientierten Ansatzes in der Medizin kann nur sehr langsam einer " slow medicine" weichen, aber der Weg ist gezeichnet.
Das Interview berührt wichtige Themen unserer Zeit, vor allem im Bereich der Ethik und findet auf einem beachtlichen Niveau statt. Zu den medizinethischen Stellungnahmen gebe ich Folgendes zu bedenken: Die Befürwortung menschlichen Lebens entweder mit oder ohne Technik ist in der dargestellten Form vereinfacht. Wie auch in allen anderen Bereichen muss hier unterschieden werden. Manche technischen Eingriffe können besehendes Leben fördern, andere verhindern es, wieder andere erzeugen oder beenden menschliches Leben. Die Technik ist ein Mittel und ihr Wert und ihre Zulässigkeit sollten im Hinblick auf den Zweck beurteilt werden. Ist menschliches Leben ein unbedingter Wert – dies ist für die katholische Lehre der Fall –, so ist der Einsatz von Technik dort zulässig, wo dieses Leben geschützt und gefördert wird, indes nicht wo es verhindert oder beendet wird. Ansätze wie jene Peter Singers knüpfen den Wert des Lebens an bestimmte Merkmale, die festzulegen und zu konstatieren der scientific community obliegt. Einen solchen Versuch haben unter naturwissenschaftlichem Zeichen vor Singer die NS-Ideologen unternommen. Das Resultat kennen wir. Überdies wird Singers Leugnung der Potentialität als Identitätskriterium metaphysische Probleme auf , die Aristoteles zu seiner Zeit mustergültig gelöst hatte, indem er Veränderung unter Einbeziehung der Potentialität erklärt und die Paradoxien des Heraklit und der Eleaten gelöst hat. Gesellschaftspolitsch führt uns solche Leugnung zur einer Monokategorialität des Denkens, die gerade jene gesellschaftskritischen Denker ablehnten, die im Interview zitiert werden. Auch aus der Perspektive einer laizistischen Medizinethik schiene mir der ausgewogen und reflektierte Ansatz von Hans Jonas dem abenteuerlichen Naturwissenschaftler Singer vorzuziehen.
Der katholischen Religion wird im Hinblick auf ihren moralischen Hoheitsanspruch mehrmals Arroganz vorgeworfen. Eine Religion impliziert ihrem Wesen gemäß einen letztgültigen Anspruch auf Wahrheit. Dies gilt übrigens für alle Religionen. Es ist legitim zu meinen, dass kein Mensch oder keine Menschengruppe einen solchen Anspruch erheben darf. In solchem Fall leugnet man die Berechtigung jeder Religion. Auch dies zu glauben ist legitim, diese Position sollte allerdings explizit als agnostisch oder antitheistisch kenntlich gemacht werden. Auch Philosophen hegen übrigens oft den Anspruch Wahrheit letztgültig erkannt zu haben. Auch deren Anspruch kann geleugnet werden, wobei diese Leugnung nicht apriori geschehen darf, sondern ebenso beweispflichtig ist wie die geleugnete Position.
Herrn Poggios Analyse des kapitalistischen Wertesystems und dessen Übermacht kann ich nur zustimmen. Es erstaunt allerdings, dass Herr Poggio gleichzeitig behauptet, dass die Philosophie in der Gegenwart nicht ins Hintertreffen geraten sei. Wenn auch massentauglich verlängert, so hat die Philosophie Platons, Aristoteles', Descartes' und Hegels – um nur vier Beispiele zu nennen – maßgeblich an der Etablierung geteilter Werte und einer bestimmten Vorstellungen von Wahrheit in der Gesellschaft beigetragen. Dies kann heute von Philosophie nicht behauptet werden, sodass ich Herrn Bacher in seiner Meinung zustimme. Zu erklären, warum es dazu gekommen ist erforderte eine längere Ausführung, doch getraue ich mich den Zeitpunkt anzugeben, wann Philosophie wieder bedeutsam sein wird: sobald der marktliberale Kapitalismus ist sich zusammenstürzt.
Schließlich möchte ich auf eine bedenkliche Folge des Denkens einiger genannter Philosophen und insgesamt der kritizistischen Grundhaltung von Herrn Poggios hinweisen. Die kritizistische Grundhaltung der Negation eines bestehenden Wertesystems, wie sie der Existentialismus und die Postmoderne vertreten, hat wesentlich dazu beigetragen den Stellenwert der Philosophie zu schwächen. Nur affirmative Inhalt haben langfirstig gesellschaftsbildende Kraft. Die Religionen sind dafür ein sprechendes Beispiel. Auch Wirtschaftstreibende haben dies längst verstanden, weshalb jede Werbung nicht nur ein Produkt vermarktet, sondern ein Lebensideal vorgibt. Diese Ideale mögen verfehlt sein, doch weisen sie dem Menschen eine Richtung. Da Philosophen es nicht mehr wagen, große erklärende und richtungsweisende Systeme aufzustellen, haben sie das Feld den Raubkapitalisten überlassen und sich an den Rand der Gesellschaft drängen lassen. Ich bin mit anderen Worten der Meinung, dass das Verschwinden der Philosophie auch darin seinen Grund hat, dass Philosophie eben so aufgefasst wird, wie sie in diesem Interview dargestellt wurde. Herr Bacher leistet dabei einen wichtigen Beitrag zum Wiederstehen der Philosophie, indem er etwas tut, was fast niemand tut. Er fragt.
Ich erlaube mir, einen Aspekt heraus zu greifen: "Ansätze wie jene Peter Singers knüpfen den Wert des Lebens an bestimmte Merkmale, die festzulegen und zu konstatieren der scientific community obliegt. Einen solchen Versuch haben unter naturwissenschaftlichem Zeichen vor Singer die NS-Ideologen unternommen. Das Resultat kennen wir." Im Zusammenhang mit der aktiven und passiven Sterbehilfe, die in Italien erst gesetzlich geregelt werden muss, erlaube ich mir und vage folgende Anschauung: Aktive Sterbehilfe wird wie Suizid nicht nur gesetzlich geahndet, sondern auch als Verstoß gegen die Naturgesetze erachtet.
Da in der heutigen Gesellschaft dauernd gegen diese verstoßen wird - speziell in der Medizin, um das Leben künstlich zu verlängern, muss man auch einen Weg andenken, wie man das Leben auf Verlangen wieder verkürzen kann. Ich betone "auf verlangen" und nicht durch Entscheide einer Behörde oder der Politik!
Die Verlängerung der Lebenszeit hat meines Erachtens zur Folge, dass die Gesellschaft zu sehr überaltert, es zu wenige Pfleger und Ärzte gibt, zu wenige Heimplätze, die Rentenkasse überstrapaziert wird und viel Steuergeld verschlingt. Anderseits hat es zur Folge, dass wir Senioren (wir sind bereits mehr als 20% der Gesellschaft) ausgegrenzt und was die Renten betrifft ausgehungert werden. Ich bin seit 13 Jahren in Rente und diese hat in dieser Zeit kaum eine Inflationsanpassung erfahren; meine Kaufkraft ist sicher um 20% geschwunden. Dieses Problem ist speziell in Südtirol gravierend. Und das Absurdum: Wir Senioren werden in der Politik von niemandem vertreten. Wir werden vertröstet mit dem Argument, uns sind die Hände gebunden, bei der Rente haben wir keine Zuständigkeit.
Und nun eine ethische Frage: Ist es ethisch richtig und vertretbar, dass man genau die ältere Generation, die viel für die Entwicklung und den Wohlstand des Landes beigetragen hat, jetzt im Alter vernachlässigt und vergessen wird? Zur Präzisierung: Ich meine alle alten Menschen, die noch nicht krank und keine Pflegefälle sind, also statistisch der größte Teil.
Ich fände es richtig, auch die Renten wie die Gehälter zu erhöhen und somit den/uns Senioren auch Begünstigungen bei Steuern und Gebühren zu geben. So könnten wir unseren Ruhestand gut gestalten. Wenn wir dann krank und dement sind und das Leben nicht mehr genießen können, dann sollte es möglich sein, zu entscheiden oder per Patientenverfügung festzulegen, früher in Würde per aktiver Sterbehilfe aus dem Leben zu scheiden. So könnte auch die Rentenkasse und der Pflegebereich entlastet werden.
danke für dieses interessante
danke für dieses interessante Interview! Ein Schlüsselsatz für mich: "die meisten Menschen träumen nur noch von dem was eigentlich schon vorhanden ist..."
In risposta a danke für dieses interessante di Frank Blumtritt
Danke, es freut mich, dass
Danke, es freut mich, dass Ihnen das Interview gefallen hat. Ich hoffe, dass auch noch andere auf diesen Beitrag aufmerksam werden!
Die Gesellschaftsanalyse
Die Gesellschaftsanalyse finde ich korrekt. Der Beschreibung des durchschnittlichen Bewusstseinszustandes der Menschen in unserer Gesellschaften (abgestumpft, einfallslos, uniformiert, gierig, unkritisch, angepasst, verwöhnt) kann ich einiges abgewinnen. Die radikalen Worte drücken für mich auch einen tiefen Schmerz des Autors aus über die beschriebenen gesellschaftlichen Strukturen und über den daraus resultierenden Bewusstseinszustand viel zu vieler Menschen - hervorgerufen durch die immer ausgefeilteren Strategien der Manipulation und Kontrolle mit immer perfekteren technischen Möglichkeiten, deren sich das herrschende ökonomische/politische System bedient. Dieser Schmerz, diese Verzweiflung würden es verdienen, ausgedrückt zu werden. „Wir müssen uns definitiv loslösen von dem Gedanken, dass die Welt einen höheren Sinn hat.“ Aus dieser Verzweiflung heraus ist dieser Satz konsequent und verdient Respekt. Ich teile ihn nicht.
Mir scheint dass die Wissenschaften vom Menschen - Psychologie, Philosophie, Medizin usw. - im Zuge der Aufklärung einen Schritt tun mussten, der sich heute als großes Problem darstellt: sie haben die spirituelle Dimension des Menschen der Theologie, den Kirchen überlassen. Getreu der mechanizistischen Sicht auf die Welt ist heute maximal noch vom bio-psycho-sozialen Menschenbild die Rede – und damit hat es sich. Die vierte Dimension, die spirituelle, ist m.E. vom Menschen nicht zu trennen. Sonst entsteht eben das weit verbreitete Erleben von Sinnlosigkeit und Verlorenheit, aus dem heraus dann die Klammerung an die tausend verfügbaren Ersatzobjekte unausweichlich ist.
Mir scheint, dass der Buddhismus als philosophisches Projekt der Menschheit (ich würde ihn gar nicht als Religion bezeichnen) uns zu diesem Punkt wesentlich weiterhelfen könnte.
In risposta a Die Gesellschaftsanalyse di Meister Haus
Ich glaube auch, dass eine
Ich glaube auch, dass eine überkonfessionelle Spiritualität ein möglicher - oder der beste - Weg ist.
Der Satz " - „Wir müssen uns definitiv loslösen von dem Gedanken, dass die Welt einen höheren Sinn hat.“ ist auch für mich eine Ernüchterung.
In risposta a Die Gesellschaftsanalyse di Meister Haus
Buddhismus als
Buddhismus als philosophisches Konzept finde ich auch zukunftsweisend, wenn auch schwer verdaulich für abendländische Kulturen. Die Religionen haben wohl alle ausgedient, da sie seit je her die Machtstrukturen gefestigt haben und vor allem, weil sie generell Frauen diskriminieren. Diesbezüglich ist wohl nur die evangelische Kirche eine positive Ausnahme.
Mit der folgenden Frage
Mit der folgenden Frage beginne ich diesen oben stehenden Beitrag: „Wer zeigt uns den richtigen Weg?“ Und schließe dann mit den weiteren Fragen an: „An welchen Werten orientiert sich heute die Masse? Lässt sie sich nur vom Konsumrausch leiten?“ Ich habe entdeckt, dass ich nicht der Einzigen bin, der sich in diesen Tagen und Wochen analoge Frage stellt. In der Wochenendausgabe der Tageszeitung lese ich folgende Sätze: „Was bedeutet es, in einer ambiguen, ambivalenten Zeit zu leben, wenn nicht mehr klar ist, was falsch ist und wahr, was fake und was richtig. Und wir keine Ahnung haben, wie wir Entscheidungen treffen?“Im letzten Kath. Sonntagsblatt lese ich „Von wem lassen wir und Führen und verführen?“
Meine Antwort wäre: Von den Medien und der PR unseres Turbokapitalismus. Das Sonntagsblatt kommt zu einer anderen Conclusio. Meine vage Hoffnung ist/war, dass anstelle der Kirche und deren Moraltheologie eine laizistische Ethik treten könnte, welche als eine übergeordnete neutrale Orientierungs- und Werte-Instanz auftritt. Meine Idee war, in Form von Ethikkommissionen für Politik, Wirtschaft/Finanzen und die Gesellschaft allgemein oder nicht zuletzt für die Medien. Diese könnten auch bei Frage, wie des Natur- und Klimaschutzes einerseits oder dem Geschlechterkonflikt und das Gewaltproblem ein neutrale wissenschaftliche Sicht und Orientierung geben sollten.
Ein Philosoph und Ethiker, den ich im Rahmen dieser Recherche kennengelernt habe, sagte mir, dass es bereits Beispiele in diese Richtung geben würde. Meine Recherche hat aber ergeben, dass es Ethikkommissionen vorwiegend im Gesundheits- und im Forschungsbereich gibt. Ganz einzelne nur in Randbereichen wie z. B. Tierethik. Zu meiner Ernüchterung gibt es keine Ethikkommissionen, die sich mit den oben genannten Bereich spezifisch befassen. Niemand gibt allgemeine Werte vor, die nicht nur für das Individuum, sondern für die Gruppe, für Verbände und Parteien oder allgemein für die Gesellschaft richtungsweisend sein sollten.
In risposta a Mit der folgenden Frage di Sepp.Bacher
ich wäre nicht ganz so
ich wäre nicht ganz so pessimistisch. Es stimmt, dass sich im Gesundheitswesen einiges tut, aber dort wird die Problematik eben zwangsweise mehr wahrgenommen, in einer Gesellschaft, die veraltert und die Widersprüche zwischen Wissenschaft, Ressourcenmangel und Mensch immer mehr zu spüren bekommt. Aber ich denke, dass sich auch in der Wirtschaft und im Problemfeld der Verteilung des Reichtums Widerstand breit macht. Dort klammert sich der Mensch allerdings bis zuletzt an gewohnte Privilegien und der Prozess dauert länger.
Auch im Management gibt es seit längerer Zeit starke Bestrebungen in Richtung Ethik. Die "Soft Skills" sind erwiesene Voraussetzungen für eine wirksame Leadership. Da haben wir natürlich einen Generationenkonflikt in den Führungsriegen, der noch einige Jahre dauern wird, aber die Tendenz ist unaufhaltsam. Im Sanitätsbetrieb haben wir hochinteressante und groß angelegte Projekte laufen, wie "Relationship Based Care" und die "Bioethischen Fallbesprechungen". Die Erblast eines rein leistungsorientierten Ansatzes in der Medizin kann nur sehr langsam einer " slow medicine" weichen, aber der Weg ist gezeichnet.
In risposta a ich wäre nicht ganz so di Frank Blumtritt
Das Interview berührt
Das Interview berührt wichtige Themen unserer Zeit, vor allem im Bereich der Ethik und findet auf einem beachtlichen Niveau statt. Zu den medizinethischen Stellungnahmen gebe ich Folgendes zu bedenken: Die Befürwortung menschlichen Lebens entweder mit oder ohne Technik ist in der dargestellten Form vereinfacht. Wie auch in allen anderen Bereichen muss hier unterschieden werden. Manche technischen Eingriffe können besehendes Leben fördern, andere verhindern es, wieder andere erzeugen oder beenden menschliches Leben. Die Technik ist ein Mittel und ihr Wert und ihre Zulässigkeit sollten im Hinblick auf den Zweck beurteilt werden. Ist menschliches Leben ein unbedingter Wert – dies ist für die katholische Lehre der Fall –, so ist der Einsatz von Technik dort zulässig, wo dieses Leben geschützt und gefördert wird, indes nicht wo es verhindert oder beendet wird. Ansätze wie jene Peter Singers knüpfen den Wert des Lebens an bestimmte Merkmale, die festzulegen und zu konstatieren der scientific community obliegt. Einen solchen Versuch haben unter naturwissenschaftlichem Zeichen vor Singer die NS-Ideologen unternommen. Das Resultat kennen wir. Überdies wird Singers Leugnung der Potentialität als Identitätskriterium metaphysische Probleme auf , die Aristoteles zu seiner Zeit mustergültig gelöst hatte, indem er Veränderung unter Einbeziehung der Potentialität erklärt und die Paradoxien des Heraklit und der Eleaten gelöst hat. Gesellschaftspolitsch führt uns solche Leugnung zur einer Monokategorialität des Denkens, die gerade jene gesellschaftskritischen Denker ablehnten, die im Interview zitiert werden. Auch aus der Perspektive einer laizistischen Medizinethik schiene mir der ausgewogen und reflektierte Ansatz von Hans Jonas dem abenteuerlichen Naturwissenschaftler Singer vorzuziehen.
Der katholischen Religion wird im Hinblick auf ihren moralischen Hoheitsanspruch mehrmals Arroganz vorgeworfen. Eine Religion impliziert ihrem Wesen gemäß einen letztgültigen Anspruch auf Wahrheit. Dies gilt übrigens für alle Religionen. Es ist legitim zu meinen, dass kein Mensch oder keine Menschengruppe einen solchen Anspruch erheben darf. In solchem Fall leugnet man die Berechtigung jeder Religion. Auch dies zu glauben ist legitim, diese Position sollte allerdings explizit als agnostisch oder antitheistisch kenntlich gemacht werden. Auch Philosophen hegen übrigens oft den Anspruch Wahrheit letztgültig erkannt zu haben. Auch deren Anspruch kann geleugnet werden, wobei diese Leugnung nicht apriori geschehen darf, sondern ebenso beweispflichtig ist wie die geleugnete Position.
Herrn Poggios Analyse des kapitalistischen Wertesystems und dessen Übermacht kann ich nur zustimmen. Es erstaunt allerdings, dass Herr Poggio gleichzeitig behauptet, dass die Philosophie in der Gegenwart nicht ins Hintertreffen geraten sei. Wenn auch massentauglich verlängert, so hat die Philosophie Platons, Aristoteles', Descartes' und Hegels – um nur vier Beispiele zu nennen – maßgeblich an der Etablierung geteilter Werte und einer bestimmten Vorstellungen von Wahrheit in der Gesellschaft beigetragen. Dies kann heute von Philosophie nicht behauptet werden, sodass ich Herrn Bacher in seiner Meinung zustimme. Zu erklären, warum es dazu gekommen ist erforderte eine längere Ausführung, doch getraue ich mich den Zeitpunkt anzugeben, wann Philosophie wieder bedeutsam sein wird: sobald der marktliberale Kapitalismus ist sich zusammenstürzt.
Schließlich möchte ich auf eine bedenkliche Folge des Denkens einiger genannter Philosophen und insgesamt der kritizistischen Grundhaltung von Herrn Poggios hinweisen. Die kritizistische Grundhaltung der Negation eines bestehenden Wertesystems, wie sie der Existentialismus und die Postmoderne vertreten, hat wesentlich dazu beigetragen den Stellenwert der Philosophie zu schwächen. Nur affirmative Inhalt haben langfirstig gesellschaftsbildende Kraft. Die Religionen sind dafür ein sprechendes Beispiel. Auch Wirtschaftstreibende haben dies längst verstanden, weshalb jede Werbung nicht nur ein Produkt vermarktet, sondern ein Lebensideal vorgibt. Diese Ideale mögen verfehlt sein, doch weisen sie dem Menschen eine Richtung. Da Philosophen es nicht mehr wagen, große erklärende und richtungsweisende Systeme aufzustellen, haben sie das Feld den Raubkapitalisten überlassen und sich an den Rand der Gesellschaft drängen lassen. Ich bin mit anderen Worten der Meinung, dass das Verschwinden der Philosophie auch darin seinen Grund hat, dass Philosophie eben so aufgefasst wird, wie sie in diesem Interview dargestellt wurde. Herr Bacher leistet dabei einen wichtigen Beitrag zum Wiederstehen der Philosophie, indem er etwas tut, was fast niemand tut. Er fragt.
In risposta a Das Interview berührt di Andrés Carlos …
Ich erlaube mir, einen Aspekt
Ich erlaube mir, einen Aspekt heraus zu greifen: "Ansätze wie jene Peter Singers knüpfen den Wert des Lebens an bestimmte Merkmale, die festzulegen und zu konstatieren der scientific community obliegt. Einen solchen Versuch haben unter naturwissenschaftlichem Zeichen vor Singer die NS-Ideologen unternommen. Das Resultat kennen wir." Im Zusammenhang mit der aktiven und passiven Sterbehilfe, die in Italien erst gesetzlich geregelt werden muss, erlaube ich mir und vage folgende Anschauung: Aktive Sterbehilfe wird wie Suizid nicht nur gesetzlich geahndet, sondern auch als Verstoß gegen die Naturgesetze erachtet.
Da in der heutigen Gesellschaft dauernd gegen diese verstoßen wird - speziell in der Medizin, um das Leben künstlich zu verlängern, muss man auch einen Weg andenken, wie man das Leben auf Verlangen wieder verkürzen kann. Ich betone "auf verlangen" und nicht durch Entscheide einer Behörde oder der Politik!
Die Verlängerung der Lebenszeit hat meines Erachtens zur Folge, dass die Gesellschaft zu sehr überaltert, es zu wenige Pfleger und Ärzte gibt, zu wenige Heimplätze, die Rentenkasse überstrapaziert wird und viel Steuergeld verschlingt. Anderseits hat es zur Folge, dass wir Senioren (wir sind bereits mehr als 20% der Gesellschaft) ausgegrenzt und was die Renten betrifft ausgehungert werden. Ich bin seit 13 Jahren in Rente und diese hat in dieser Zeit kaum eine Inflationsanpassung erfahren; meine Kaufkraft ist sicher um 20% geschwunden. Dieses Problem ist speziell in Südtirol gravierend. Und das Absurdum: Wir Senioren werden in der Politik von niemandem vertreten. Wir werden vertröstet mit dem Argument, uns sind die Hände gebunden, bei der Rente haben wir keine Zuständigkeit.
Und nun eine ethische Frage: Ist es ethisch richtig und vertretbar, dass man genau die ältere Generation, die viel für die Entwicklung und den Wohlstand des Landes beigetragen hat, jetzt im Alter vernachlässigt und vergessen wird? Zur Präzisierung: Ich meine alle alten Menschen, die noch nicht krank und keine Pflegefälle sind, also statistisch der größte Teil.
Ich fände es richtig, auch die Renten wie die Gehälter zu erhöhen und somit den/uns Senioren auch Begünstigungen bei Steuern und Gebühren zu geben. So könnten wir unseren Ruhestand gut gestalten. Wenn wir dann krank und dement sind und das Leben nicht mehr genießen können, dann sollte es möglich sein, zu entscheiden oder per Patientenverfügung festzulegen, früher in Würde per aktiver Sterbehilfe aus dem Leben zu scheiden. So könnte auch die Rentenkasse und der Pflegebereich entlastet werden.