Katalonien
Eine Sezession muss keine Kettenreaktion auslösen und wenn doch, wäre es nicht weiter schlimm.
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Benno Kusstatscher Lun, 10/09/2017 - 14:41

Harald, ich bin ganz bei Dir, dass dort, wo es nur kleine Hürden gibt, sich Spannungen nicht zu ernsten Konflikten aufbauen können. Kleinere Hürden sind deshalb wünschenswert und vernünftig. Allerdings gibt es auch die Kehrseite der Medaille: Trennungen haben immer einen Preis, nicht nur finanzieller Natur, und können in einer geschlossenen Gemeinschaft wie der EU nie und nimmer das Aufkündigen der Solidarität bedeuten. In der jetzigen EU stemmen sich bekannte Stakeholder gegen eine Transferunion, ein Gebilde, das Dein Beitrag wohl implizit voraussetzt. Katalonien steht also im Verdacht, seinen "Unterhaltszahlungen" an Restspanien nicht nachkommen zu wollen, den Preis für die Trennung nicht selbst tragen zu wollen, weil derzeit die Solidarität der EU-Mitgliedsstaaten eher ein flüchtiger Begriff ist. Vielleicht sollte man sich eingehender mit den "Pflichten der Sezessionisten" auseinander setzen. Rechte und Pflichten gibt es halt nur im Doppelpack. Sympathien verdient man sich mit Einhaltung letzterer, nicht unbedingt mit dem Einfordern ersterer (an die Katalanen gerichtet).

Lun, 10/09/2017 - 14:41 Collegamento permanente
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Harald Knoflach Lun, 10/09/2017 - 15:05

In risposta a di Benno Kusstatscher

ich denke, dass die von dir angekreideten haltungen, resultat des zwangssystems sind. man kennt das z.b. von veranstaltungen mit freien eintritt, die oft mehr geld lukrieren als solche mit fixem eintritt. das hat sehr viel mit vertrauen und selbstermächtigung zu tun. und wenn das nicht da ist, funktioniert eine solidargemeinschaft nicht - und auf zwang schon gar nicht.

Lun, 10/09/2017 - 15:05 Collegamento permanente
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Karl Gudauner Lun, 10/09/2017 - 18:19

Dissensberechtigung ist eines, eine ständige Kündigungsoption zu jedem Thema für alle Beteiligten macht es unmöglich, gemeinsame Strategien zu entwickeln und Regeln festzulegen, wie gemeinsame Interessen dauerhaft nach innen und außen vertreten werden können. Wie soll z. B. die demokratische Legitimation von Entscheidungen auf EU-Ebene gewährleistet werden? Braucht es da künftig in einem - laut beschriebener Vision - Europa der vielleicht 80 Regionen eine ständige Rückkoppelung mit den einzelnen Regionen? Und ist es den Teilregionen dann immer noch möglich, eine Entscheidung zu blockieren? Oder sollen Mehrheitsentscheidungen getroffen werden? Die wären dann natürlich wieder anfällig für neuerliche Abspaltungen. Nehmen wir als Beispiel die Aufteilung der EU-Gelder für die Landwirtschaft, immerhin der Löwenanteil des EU-Budgets. Wenn es Einstimmigkeit braucht, scheint es fast unmöglich, einen Konsens zu erzielen. Irgendwer wird sich in der Minderheit vorfinden, wenn es nach dem Mehrheitssystem geht. Und so geht es bei jedem Thema. Wollen wir darauf verzichten, eine gemeinsame EU-Politik voranzubringen?

Mit der Legitimation der EU-Politik ist es ja so eine Sache: Wenn es uns nicht passt, dass die Landwirtschaftsförderung der EU den Lebensmittelkonzernen in die Hände arbeitet, ökologische Betriebsmodelle in ganz Europa in den Ruin treibt und mit eigenen Ausbeutungshandelsverträgen dazu beiträgt, dass den Bauern in Afrika schlicht die Lebensgrundlage weggenommen wird: Sollen wir da auf die ethische Innovationskraft der Regionen unsere Hoffnung setzen? Sind es die Regionen, die die Konzernsubalternität der EU-Politik stoppen können? Oder braucht es schlagkräftige internationale Organisationen, die dem ökonomischen Mainstream soziale und globale Verantwortlichkeit beibringen? Und wie können diese eine demokratische Legitimation erlangen?

Lun, 10/09/2017 - 18:19 Collegamento permanente
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Harald Knoflach Lun, 10/09/2017 - 19:24

In risposta a di Karl Gudauner

"Dissensberechtigung ist eines, eine ständige Kündigungsoption zu jedem Thema für alle Beteiligten macht es unmöglich, gemeinsame Strategien zu entwickeln und Regeln festzulegen, [...]"
Glaub ich nicht, denn eine Sezession ist nicht etwas, was man so zum Spaß einmal die Woche macht. Dafür braucht es schon gravierende Gründe. In der EU haben die Staaten bislang ja auch nicht reihenweise mit Austritt gedroht, wenn sie mit Entscheidungen nicht einverstanden waren. Liechtenstein mag jetzt zwar nicht ein perfektes Beispiel sein, aber dort hat jede Gemeinde ein festgeschriebenes Sezessionsrecht.

"Wie soll z. B. die demokratische Legitimation von Entscheidungen auf EU-Ebene gewährleistet werden?"
Über ein echtes Parlament und EU-Wahlen mit europäischen Parteien und einem Ausbau des Ausschuss der Regionen zu einer Art zweiten Kammer zu Beispiel

"Und ist es den Teilregionen dann immer noch möglich, eine Entscheidung zu blockieren?"
Nein. Einmal gewinnst du, einmal verlierst du.

"Oder sollen Mehrheitsentscheidungen getroffen werden? Die wären dann natürlich wieder anfällig für neuerliche Abspaltungen."
Abspaltungen wovon. Sprichst du jetzt von Staaten oder von der EU? Wenn du von Letzterer sprichst - warum sollte eine Region wegen einer "verlorenen" Mehrheitsentscheidung gleich davonrennen? In der Regel überwiegen doch die Vorteile der Kooperation. Auch wenn man hin und wieder "verliert". Mit meinem Vorschlag lässt sich wie gesagt auch gut die Schmerzgrenze ausloten.

"Oder braucht es schlagkräftige internationale Organisationen, die dem ökonomischen Mainstream soziale und globale Verantwortlichkeit beibringen?"
Genau die braucht es. Jedoch hat die EU in dieser Form hier nicht wirklich "geliefert", oder? Einzig das Parlament agiert hin und wieder in diese Richtung. Ergo: Parlament stärken und fragwürdige Nicht-Gewaltenteilung (Stichwort: Rat) aushebeln.

Lun, 10/09/2017 - 19:24 Collegamento permanente