SALTO Gespräch
Seit drei Jahrzehnten ist David Augscheller in der Schule tätig – heute leitet er zwei Oberschulen in Meran. Er erklärt, warum Schulen vor Wahlen oft auf Sprachkompetenzen reduziert werden, obwohl sie weitaus mehr leisten als nur Sprachunterricht.

SALTO: Herr Augscheller, wie würden Sie ihre Karriere in der Schule beschreiben?

David Augscheller: Es ist eher ein Zufall, dass ich Schulführungskraft wurde. Eigentlich wollte ich nie unterrichten. Nach meinem Studium in Innsbruck habe ich in der Hochschülerschaft gearbeitet und bin zufällig auf einen Wettbewerb für den Schulunterricht gestoßen. Ich habe dann gedacht, ich probiere es auch mal zu unterrichten. 

Sie sind aber dann dran geblieben…

Ja, und zwar 24 Jahre lang… Ich war gerne Lehrer. Eines Tages bot sich die Gelegenheit an einem Wettbewerb für Schulführungskräfte teilzunehmen. Ich war selbst überrascht, dass ich den bestanden habe. Ich habe vier Jahre in Bozen in einem Schulsprengel gearbeitet und jetzt bin hier in Meran. Am Anfang hat mir der Kontakt mit den Schülern sehr gefehlt. Mit der Zeit bin ich dann in die neue Rolle hineingewachsen. 

Der Schulsprengel, den Sie in Bozen geleitet haben, wird von der Politik als “Brennpunkt“  bezeichnet...

Ja, Bozen Europa, der aus der großen Pestalozzi- und der kleineren Alexander-Langer Schule in Firmian besteht. Dazu gehört auch die Mittelschule Albert Schweizer. Brennpunktschule ist kein guter Begriff. Aber: es sind Schulen mit einem gewissen Maß an Komplexität.

Die Komplexität besteht darin, dass es viele Kinder mit Migrationshintergrund gibt. Ich habe das grundsätzlich als Bereicherung gesehen und mich gefragt, wie man diese Tatsache so gestalten kann, dass sie für alle Kinder eine Bereicherung wird. Kinder, die nicht alles oder nur wenig verstehen, und sehr unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen: aus pädagogisch-didaktischer Sicht ist das eine ganz große Herausforderung.

Ich muss vorausschicken, dass alle Kinder grundsätzlich das Recht auf Bildung haben. Für mich ist es auch unbestritten, dass alle Familien das Recht haben, ihre Kinder dort einzuschreiben, wo sie möchten. Für mich ist auch klar, dass wir allen Kindern die Kompetenzen vermitteln müssen, die eine Schule zu vermitteln hat. Wir müssen sie schließlich so gut wie möglich auf die Herausforderungen, die in dieser Gesellschaft auf sie warten, vorbereiten - und zwar unabhängig davon, woher die Kinder kommen, und welche Muttersprache oder Erstsprache sie sprechen. Schule muss hier eine große Arbeit leisten und allen Kindern den bestmöglichen Unterricht bieten.

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Sigmund Kripp Dom, 04/20/2025 - 10:05

Da finden sich doch sehr hoffnungsvolle Aussagen!
Auch, dass die Schülerzahlen abnehmen werden, würde ja eine Verbesserung des Lehrer-Schüler Zahlenverhältnisses bedeuten!
Dieser Text sollte eine Pflichtvorlesung für die Befürworter der Segregation sein.
Wenn wir als Südtiroler deutschsprachige Minderheit langfristig bestehen bleiben wollen, müssen wir die Hinzugekommenen in "unsere" Welt integrieren!
Ein großes Lob an David Augscheller!

Dom, 04/20/2025 - 10:05 Collegamento permanente
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Rudolf Meraner Dom, 04/20/2025 - 10:22

Sprache lernt man nur, wenn man mit anderen, die die Sprache beherrschen, spricht. Sogenannte Willkommensklassen, Vorschulklassen und Ähnliches sind Sonderklassen, Nicht-Willkommensklassen oder Abschiebeklassen und sind überall gescheitert. Alle Studien bestätigen dies. Nur engstirnige, ultrakonservative Politiker halten daran fest.

Dom, 04/20/2025 - 10:22 Collegamento permanente
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Hans Punter Dom, 04/20/2025 - 16:22

Schöne Worte, zweifellos. Und nichts dagegen einzuwenden. Aber ob alle Lehrer, die täglich mit der Realität konfrontiert sind, vorbehaltslos zustimmen können, das dann doch eine andere Frage.

Dom, 04/20/2025 - 16:22 Collegamento permanente
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Sigmund Kripp Lun, 04/21/2025 - 19:06

In risposta a di Elisabeth Garber

Danke für den Link zum Gespräch Augscheller - Zeller.
Auch darin geht es immer wieder um Ressourcen bzw. Personal an den Schulen.
Ich habe es a.a.O. schon berechnet: Ein Kilometer Straßentunnel kostet ca. 40 - 50 Mio €.
Dafür könnte man 1.000 Lehrkräfte pro Jahr mehr einstellen. Tausend!! Das wären 10% mehr, als wir jetzt haben!
Sollten wir also nich besser unsere Kinder gut ausbilden, als immer nur den schädlichen Autoverkehr zu fördern?
Die demografischen Daten - auch der deutschsprachigen Südtiroler Bevölkerung - lassen keinen anderen Schluss zu, als dass wir die Kinder der zu uns Gekommenen so schnell und so gut wie möglich integrieren!

Lun, 04/21/2025 - 19:06 Collegamento permanente
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Stefan S Lun, 04/21/2025 - 20:55

In risposta a di Sigmund Kripp

"Dafür könnte man 1.000 Lehrkräfte pro Jahr mehr einstellen. " Von der Logik auf den ersten Blick einleuchtend. Wer aber die Praxis betrachtet wird auf andere Unzulänglichkeiten treffen welche nicht mit Geld geheilt werden können. Unsere Tochter hat jetzt fast Ihre Schullaufbahn erfolgreich beendend. Es ist sowohl in Südtirol (einen guten Vergleich haben wir vom 1 Jahr jüngeren Sohn meiner Schwägerin im Vinschgau) wie auch in D immer noch so dass die sozialen Schichten sehr schwer zu durchdringen sind. Und egal welche tollen Namen und Konzepte man sich für die jeweiligen Bildungseinrichtungen einfallen lässt, solange es keine Gleichberechtigung bei der Bewertung und Umgang mit den Schülern gibt, wird sich auch nichts verbessern. Diese Bildungsungerechtigkeit wird in D vor allem durch die Selektierung nach der 4 Klassenstufe weiter erhalten und in Südtirol ist der Proporz das große Hindernis für mehr Gerechtigkeit.

Lun, 04/21/2025 - 20:55 Collegamento permanente
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Stefan S Gio, 04/24/2025 - 11:44

In risposta a di pérvasion

Proporz bedeutet Quotierung und diese verhindert oftmals eine objektive und Ergebnis orientierte Umstrukturierung.
Auch in D verhindert der Proporz oftmals eine vernünftige Bildungspolitik weil Ämter, Funktionen und Budget nach diesem verteilt werden und dies immer wieder zu Fehlbesetzungen führt.
Unsere letzte Bildungsministerin in Baden Württemberg war so ein Beispiel dafür. Oder unsere letzte Verteidigungsministerin. Auch so ein eklatantes Beispiel.

Gio, 04/24/2025 - 11:44 Collegamento permanente
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Stefan S Gio, 04/24/2025 - 12:40

In risposta a di pérvasion

Proporz bedeutet Quotierung und diese verhindert oftmals eine objektive und Ergebnis orientierte Umstrukturierung.
Auch in D verhindert der Proporz oftmals eine vernünftige Bildungspolitik weil Ämter, Funktionen und Budget nach diesem verteilt werden und dies immer wieder zu Fehlbesetzungen führt.
Immerhin, es gibt Hoffnung
"Im Jahr 2022 wurden in Deutschland beachtliche rund 264 Milliarden Euro für Bildung ausgegeben. Auch das aktuelle Startchancen-Programm von Bund und Ländern, das Schulen in schwierigen Lagen unterstützen soll, verfügt über 20 Milliarden Euro, verteilt auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Doch bleibt oft unklar, wie effektiv und effizient solche Mittel eingesetzt werden. Besser zu verstehen, welche Maßnahmen wirken, ist aber angesichts der Bedeutung von Bildung für die Gesellschaft dringend geboten"
https://www.zeit.de/2025/16/bildungpolitik-bildungsverlaufsregister-sch… ohne Bezahlsperre 😉

Gio, 04/24/2025 - 12:40 Collegamento permanente
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Stefan S Gio, 04/24/2025 - 16:16

In risposta a di pérvasion

Um da konkrete Beispiele zu nennen fehlt mir der tiefere Einblick bzw. habe ich da "nur" etwas aus dem privaten Bereich welche ich im "Dorf" Südtirol aus Rücksicht der Privatphäre Dritter nicht schildere. Aber es gibt ja auch entsprechend Beispiele wie dieses -> https://salto.bz/de/article/24042025/schule-sprache-falkensteiner
welche die Thematik deutlich offenbart.

Gio, 04/24/2025 - 16:16 Collegamento permanente
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Stefan S Ven, 04/25/2025 - 09:08

In risposta a di pérvasion

Dann will ich es gerne nochmal anhand der Zuiständigkeiten der Landesregierung versuchen aufzuzeigen
https://landesregierung.provinz.bz.it/de/zustaendigkeiten-galateo
https://landesregierung.provinz.bz.it/de/zustaendigkeiten-achammer
Wird ja auch ethnischer Porporz genannt und anhand der ersten beiden Zuständigkeiten der o.G. deutlich erkennbar.
Wenn man für das Ressort Bildung/Kultur 2 Landräte benötigt steht man sich unweigerlich selbst im Weg

Ven, 04/25/2025 - 09:08 Collegamento permanente
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Stefan S Dom, 04/27/2025 - 09:17

In risposta a di pérvasion

Verstehe ich jetzt nicht, nach Definition von Proporz (Verteilung der öffentlichen Mittel (regionales Haushaltsbudget, Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst, öffentliche Sozialleistungen an die jeweiligen Sprachgruppen) ist die Doppelbelegung des Landrats für Bildung und Kultur eindeutig diesem geschuldet.

Dom, 04/27/2025 - 09:17 Collegamento permanente
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Sigmund Kripp Lun, 04/21/2025 - 19:58

Es geht ja hier um Sprache und die Angst, dass in Schulen, wo nicht alle Kinder reinsprachig Deutsch sind, die Sprachkompetenz verloren geht.
Gerade höre ich RAI Südtirol zum Tod vom Papst.
Der Sprecher sagt:
" In Rom wurden verstärkt PATULLIEN auf die Straßen beordert, um die öffentliche Ordnung zu garantieren."
Auf Deutsch heisst das "Patrouillen".
Dann:
Die gesamte DIEZÖSE trauert um den Papst.
Richtig wäre:
DIÖZESE.
Verzeiht die Großbuchstaben, aber das muss hervorgehoben werden!
Die Sprache wird nicht in der Schule verhunzt, sondern von einer Generation, die nie mit fremdsprachigen Kindern in der Schule gesessen ist!

Lun, 04/21/2025 - 19:58 Collegamento permanente
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Elisabeth Garber Lun, 04/21/2025 - 20:01

,,Auch darin geht es immer wieder um Ressourcen bzw. Personal an den Schulen." Interessant, dass man so angeregt, zuversichtlich und utopisch über das Thema reden kann. Die Ressourcen existieren nämlich weder finanziell noch personell.

Lun, 04/21/2025 - 20:01 Collegamento permanente
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Elisabeth Garber Mar, 04/22/2025 - 21:08

In risposta a di Manfred Klotz

Ach Herr Klotz, wenn aber die Priorität (Stichwort Tunnel -> Herr Kripp) offensichtlich anderswo liegt, existiert das Geld für den Bildungssektor faktisch eben nicht. NB: Für eine funktionierende Integration und Inklusion sowie die Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Störungen bräuchte es gefühlt 3 X soviel Personal...man hat aber nicht mal für 1 Drittel genug Kompetente.

Mar, 04/22/2025 - 21:08 Collegamento permanente
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Salto User
nobody Lun, 04/21/2025 - 21:58

Es fällt auf, dass Salto eigentlich nur diesen Direktor befragt. Wäre auch neugierig, wie viel Unterrichtserfahrung die Kommentatoren als Deutschlehrer in gemischten Klassen aufzuweisen haben. Das wäre allerdings das kleinere Problem, denn diese werden ja händeringend gesucht. Für die Grundschule reicht ja nun die Matura und ein Schnellsiederkurs.

Lun, 04/21/2025 - 21:58 Collegamento permanente
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Salto User
Josef Fulterer Mar, 04/22/2025 - 05:51

Vernünftig bezahlten Lehrer:Innen "mit einer besonderen Lehr-Begabung ausgestattet, gelingt mit überschaubarer Schülerzahl am Besten alle anvertrauten Kinder richtig zu -f ö r d e r n- und zum Erlernen einer weiteren Sprache zu fordern!"
Leider haben es die deutschen Rechtschreib-Puritaner, auch bei der 2. Verschlimm-Verbesserung versäumt, "die Schreibweise von den viel zu vielen Sonder-Regelungen zu befreien," sodass "heute kaum Jemand in Deutsch Fehler-frei zu schreiben im Stande ist!"
"Besonders bei der allgemein geforderten Mehrsprachigkeit wäre es eine große Erleichterung, wenn nicht die vielen Sonder-Schreibarten wären!"

Mar, 04/22/2025 - 05:51 Collegamento permanente
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Manfred Klotz Mar, 04/22/2025 - 06:47

In risposta a di Josef Fulterer

Die Rechtschreibreform geht auf das Jahr 2006 zurück. Wenn man in fast 20 Jahren nicht in der Lage war, die neuen Regeln (die im Grunde ziemlich logisch sind) zu assimilieren, liegt das Problem nicht in der Reform. Die aktuelle Schulgeneration kennt nebenbei nichts anderes als die aktuell geltenden Regeln. Wert auf die korrekte Anwendung einer Sprache zu legen hat nebenbei nichts mit Puritanismus zu tun. Sprachlicher Puritanismus agiert gegen den Usus Neologismen und Alienismen zu integrieren;)

Mar, 04/22/2025 - 06:47 Collegamento permanente