Absurde Steuerreform
Das Wahlversprechen der Lega birgt viele Tücken und kann in der konkreten Anwendung ungerechte, abstruse und leistungshemmende Auswirkungen zeitigen.
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Manfred Klotz Lun, 05/14/2018 - 19:03

Gut analysiert Daniel. Das sagen Fachleute schon seit Monaten, aber die Mehrzahl der Wähler ist einfach zu dumm um das zu verstehen. Es ist wohl leider so, dass wir - absurderweise - hoffen müssen, dass Lega und M5S den Karren an die Wand fahren, damit ihr Denkfehler offensichtlich wird.

Lun, 05/14/2018 - 19:03 Collegamento permanente
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gorgias Mar, 05/15/2018 - 09:24

Erstaunlich was für strunzdumme Vorschläge politisch überhaupt als diskussionswürdig angesehen werden. Die progressive Einkommenssteuer war eines der letzten großen Ideen, die die Nationalökonomie hervorgebracht hat. Dass in Marktökonomien Einkommen nicht direkt die eigenen Leistung wiederspiegeln , sollte man auch verstehen. So kann jemand für das selbe Produkt in das er eine entsprechende Arbeit gesteckt hat, davon abhängig wie gerade die Marktlage ist, unterschiedliche Preise erzielen.
Dass man ein Klassensteuersystem anstatt eines Stufensteuersystem überhaupt als Vorschlag hochkommen lässt (und sei es auch als nicht endgültiger), ist ein Zeichen, dass sich hier Stümper ans Werk gemacht haben.

Mar, 05/15/2018 - 09:24 Collegamento permanente
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Johannes Friedemann Ven, 05/18/2018 - 18:09

Der Autor verbreitet Halb- und Unwahrheiten.
Zur Erinnerung zudem: von ca. 40.000.000 Steuerpflichtigen in Italien haben ca. 30.000.000 eine durchschnittliche Steuerbelastung von weniger als 15%. 13 Mio zahlen überhaupt keine Einkommensteuern.

Im Einzelnen zu den Behauptungen von Herrn Daniel:
Durch die Anwendung von Freibeträgen und Abzugsbeträgen für Familienmitglieder bleibt auch bei der Flat Tax die Progression in der Besteuerung der Einkommen gewährleistet.
Bezieher von Einkommen von 15.000 Euro zahlen bei einer Flat Tax von 15% und der auch weiterhin bestehenden No Tax Area 36% weniger IRPEF (im Detail Euro 686 pro Jahr) und nicht "so gut wie gar nichts".
Dass die Einkommen beider Elternteile in Zukunft zusammengezählt und zur GÄNZE mit der Flat Tax besteuert würden, ist blanker Nonsens. Pro Familienmitglied werden nämlich Euro 3.000 an Freibetrag festgelegt und zudem die No Tax Area berücksichtigt.
Von einer Besteuerung des gesamten Einkommens mit dem höheren Tarif der Flat Tax bei Überschreiten der Grenze von 80.000 ist im Koalitionsabkommen und im beschreibenden Dokument der Lega keine Rede. Vielmehr ist davon auszugehen, dass nur der überschüssige Betrag der höheren Flat Tax Rate zu unterwerfen ist.
Die Rechenbeispiele sind allesamt unvollständig oder falsch: Ein Ehepaar mit zusammen 80.000 Euro Einkommen erhält 6.000 Euro an Freibetrag. Dadurch beläuft sich das Familieneinkommen auf 74.000 und wird mit 15% oder 11.100 besteuert. Die derzeitige Besteuerung wäre übrigens knapp 22.000 Euro.
Das Beispiel der zwei Arbeitskolleginnen mit einem Einkommen von 40.000 Euro und mit Partnern, die jeweils 41.000 bzw. 39.000 ist ebenso falsch. Lediglich der Überschussbetrag über 80.000 (also 1.000 Euro) wird mit 20% besteuert und nicht das gesamte Einkommen.

Die grundsätzliche Ersparnis der Flat Tax sieht nach tatsächlichen Berechnungen wie folgt aus: (das Beispiel zeigt, dass Familien nicht benachteiligt werden)

Singles:
Einkommen von 100.000 Ersparnis bei Flat Tax 46%
Einkommen von 50.000 Ersparnis bei Flat Tax 53%
Einkommen von 30.000 Ersparnis bei Flat Tax 49%
Einkommen von 30.000 Ersparnis bei Flat Tax 36%

Paar mit Ehegatten und einem Kind, beide nicht berufstätig
Einkommen von 100.000 Ersparnis bei Flat Tax 50%
Einkommen von 50.000 Ersparnis bei Flat Tax 57%
Einkommen von 30.000 Ersparnis bei Flat Tax 53%
Einkommen von 15.000 Ersparnis bei Flat Tax 24%

Paar beide berufstätig und einem Kind

Einkommen von 100.000 Ersparnis bei Flat Tax 51%
Einkommen von 50.000 Ersparnis bei Flat Tax 36%
Einkommen von 30.000 Ersparnis bei Flat Tax 41%
Einkommen von 15.000 Ersparnis bei Flat Tax 34%

Die Ersparnis bei geringen Einkommen beläuft sich auf Euro 686 pro Jahr für Singles mit 15.000 Euro Einkommen; auf 7.900 Euro bei einem Paar mit Kind und mit nur einem Arbeitstätigen mit Einkommen von 50.000; 6.729 Pro Jahr bei einem Paar mit zwei berufstätigen Eltern eines Kindes und einem Einkommen von jeweils 30.000.

Die Tücken liegen nicht in den Versprechen der Lega, sondern im mangelnden Sachverständnis des Autors.

Ven, 05/18/2018 - 18:09 Collegamento permanente
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Martin Daniel Sab, 05/19/2018 - 11:49

In risposta a di Johannes Friedemann

Sehr geehrter Hr. Friedemann, nichts würde mich mehr freuen, als mich in der Sache zu täuschen. Leider ist es so, dass:
*die Abzugsbeträge für Fam.mitglieder nur bis zu einem Fam.einkommen von 35.000 bzw. für zu Lasten lebende Mitglieder bis zu 50.000 p.a. gelten sollen
* die Einkommen in der Familie sehr wohl zusammengezählt werden sollen
* das Fam.einkommen > 80.000 laut Entwurf zur Gänze mit 20% besteuert werden soll u. nicht bloß wie bisher die Teile über einer bestimmten Schwelle
* die geplante no tax area greift für Einkommen ab einer best. Schwelle nicht mehr, siehe Grafik ab 60.000 €!
Es stimmt, diese Details stehen nicht im Regierungsvertrag geschrieben, entstammen aber einem konkreten Entwurf der Koalitionäre der am 12.5. öffentlich wurde (am 13.5. wurde der von Ihnen kommentierte Artikel verfasst) und diesem Artikel des Sole24ore (beachten Sie die Grafiken, dann sehen Sie u.a. was sich für 15.000-Verdiener änderte) entnommen werden kann:
http://www.ilsole24ore.com/art/notizie/2018-05-11/flat-tax-lega-m5s-pre…
Um die Grafiken anzuzeigen, muss man die Desktopversion wählen.

Sab, 05/19/2018 - 11:49 Collegamento permanente
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Johannes Friedemann Mer, 05/23/2018 - 16:59

In risposta a di Martin Daniel

Zu Ihren weiteren Äußerungen, Herr Daniel:
*die Abzugsbeträge für Fam.mitglieder nur bis zu einem Fam.einkommen von 35.000 bzw. für zu Lasten lebende Mitglieder bis zu 50.000 p.a. gelten sollen
Haben Sie hier Einsicht in das entsprechende (noch nicht einmal im Entwurf bestehende) Gesetz? Zudem erwähnen Sie nicht die sogenannte No Tax Area, die in ihrer Höhe noch gar nicht festgelegt, jedoch kaum unter 7.000 Euro liegen wird und dass im Entwurf der Lega Steuerabsetzbeträge für bestimmte Lasten festgeschrieben sind, die die Progressivität garantieren sollen?
* die Einkommen in der Familie sehr wohl zusammengezählt werden sollen
Das habe ich nicht bestritten. Falsch ist, dass das gesamte Einkommen bei Überschreiten der Marke von 80.000 der Besteuerung von 20% unterliegt;
* das Fam.einkommen > 80.000 laut Entwurf zur Gänze mit 20% besteuert werden soll u. nicht bloß wie bisher die Teile über einer bestimmten Schwelle
Diese Aussage ist falsch. Alle Berechnungen gehen bislang davon aus, dass es ein Stufentarif sein wird.
* die geplante no tax area greift für Einkommen ab einer best. Schwelle nicht mehr, siehe Grafik ab 60.000 €!
Das ist auch gut so, wie wäre sonst die Progressivität gewährleistet? Für Einkommensbezieher in dieser Größenordnung ist bei einer Flat Tax keine No Tax Area notwendig.
Sie sollten zudem berücksichtigen, dass Sie hier von Einkommensklassen reden (über 50.000), die derzeit nur marginal vorkommen. Von etwa 40.000.000 Steuerpflichtigen haben 34,5 Mio ein besteuerbares Einkommen von unter 35.000 (Daten 2016).
Zudem sollten Sie zumindest den Versuch unternehmen, die positiven Seiten der Vereinfachung der Besteuerung hervorzuheben.
Abschließend dürften Sie mit mir einig sein, dass das derzeitige italienischen Steuersystem mit seinen tausenden Ausnahmeregelungen und seine "Progressivität" dazu geführt hat, dass gerade mal 34.000 Italiener ein Einkommen von mehr als 300.000 Brutto erklären und dass etwa 7,2 Mrd Euro an Steuerabsetzbeträgen gar nicht in Anspruch genommen werden (aus Gründen fehlender Kenntnis oder fehlender Einkommensteuer).
Gerne verweise ich auch auf den Umstand, dass wir in Italien bereits mehrere Flat Taxes haben, die oft und gerne vergessen werden. Die Pauschalbesteuerung auf Mieteinkünfte hat in den Jahren seit Einführung eine Erhöhung des Steueraufkommens auf diese Einkünfte mit sich gebracht. Gleiches gilt für die Einkünfte aus Kapital. Hier besteht ebenfalls seit 2018 eine Flat Tax von 26%, die gemessen an den Vorjahren weiter ausbaut wurde.
Ich wünschte mir eine etwas differenziertere Betrachtungsweise der Sachlage, vielleicht auch etwas später, sobald konkrete Gesetzesvorlagen vorgelegt werden.

Mer, 05/23/2018 - 16:59 Collegamento permanente
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19 amet Ven, 05/18/2018 - 22:28

Die Tücken liegen in den mangelnden Kenntnissen dieser Politiker. Wie sie diese Wahlversprechen finanzieren wollen ist ihr Geheimnis.Es sei denn die Leute glauben wirklich dass die Italiener nun den Staat nicht mehr betrügen werden, weil er plötzlich nur mehr die Hälfte der Steuern verlangt. Die Lega äfft ja nur den Trump nach. In einem Jahr, wenn die Steuereinnahmen fehlen wird der Staat zahlungsunfähig sein, d.h.mehr als schon heute, wo man auf seine Guthaben gegenüber dem Staat ja jahrelang warten muss.

Ven, 05/18/2018 - 22:28 Collegamento permanente
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Christian Mair-2269 Sab, 06/09/2018 - 18:35

Kapitaleinkommen und Erbschaften sind leistungslose Einkommen, die also ohne Gemeinwohl für die Gesellschaft erworben werden. Wachsende Ungleichheiten sind eine Gefahr für die Demokratie. Diese Frage wird auch durch das Grundeinkommen ausgelassen. Ganz davon abgesehen, dass viele Menschen Ihre Identität aus der Arbeit schöpfen.
Die USA waren historisch Vorreiter darin, durch hohe Steuern unanständige Ungleichheiten zu beseitigen ohne Auswirkung auf das Wirtschaftswachstum.
https://awblog.at/piketty-warum-eine-globale-vermoegenssteuer-hilft-die…

Sab, 06/09/2018 - 18:35 Collegamento permanente