SALTO: Frau Senatorin Unterberger, ist es nicht ein Armutszeugnis wenn man ernsthaft in Erwägung zieht, eine Regionalregierung ohne Frauen zu ernennen?
Julia Unterberger: Ja, natürlich ist es ein Armutszeugnis. Vor allem aber verstößt dieses Vorhaben gegen alle Prinzipien, die in der Verfassung festgelegt worden sind. Dort steht im Artikel 51, dass der Gesetzgeber dafür sorgen muss, die Chancengleichheit herzustellen. Dazu kommt der Artikel 171, Abs. 7, der sich auf die Regionen mit Sonderstatut bezieht, wo nochmals festgelegt wird, dass diese Regionen Maßnahmen zur Chancengleichheit ergreifen müssen. Und wenn man schon von Chancengleichheit redet, dann meine ich, wäre es doch das Minimum, dass wenigstens eine Frau in einem Gremium sitzt.
Aber auch in Ihrer Partei beruft man sich darauf, dass es derzeit keine gesetzliche Bestimmung gebe, die festlegt, dass beide Geschlechter in der Regionalregierung vertreten sein müssen.
Das mag schon sein. Denn es gibt dazu kein eigenes Regionalgesetz. Es gibt zwei verschiedene Wahlgesetze für die beiden Landtage. Der Regionalrat wird nicht direkt gewählt, sondern er setzt sich laut Autonomiestatut aus den beiden Landtagen zusammen. Dort gibt es Bestimmungen zur Zusammensetzung der Regionalregierung. Etwa, dass der Sprachenproporz gegeben sein muss oder dass die erste Hälfte der Legislatur der Südtiroler Landeshauptmann die Regionalregierung anführt und die zweite Hälfte der Landeshauptmann aus dem Trentino. Es sind letztlich auch diese beiden bzw. ihre Mehrheitsparteien, die die Regionalregierung vorschlagen. Gewählt wird die Regierung dann vom Regionalrat.
„Wenn man die Ratio aller Verfassungsbestimmungen hernimmt, in denen der Geschlechtergerechtigkeit Rechnung getragen wird, dann muss davon ausgegangen werden, dass eine Regierung ohne eine einzige Frau gerichtlich zu Fall gebracht werden kann.“
Sie gehen also davon aus, dass eine Regionalregierung mit sechs Männern rechtlich nicht haltbar wäre.
Von mir aus gesehen ist es sehr, sehr fraglich, ob eine solche Regierung rechtens wäre. Letztendlich entscheiden darüber die Gerichte. Wenn jemand aber diese Zusammensetzung anficht und sich im Rekurs auf die Grundsätze der Verfassung beruft, dann kann ich mir gut vorstellen, dass im Jahr 2024 ein Richter oder eine Richterin zum Schluss kommen könnte, eine solche Zusammensetzung sei widerrechtlich. Wenn man die Ratio aller Verfassungsbestimmungen hernimmt, in denen der Geschlechtergerechtigkeit Rechnung getragen wird, dann muss davon ausgegangen werden, dass eine Regierung ohne eine einzige Frau gerichtlich zu Fall gebracht werden kann.
Die SVP sagt jetzt: Wir haben in den vergangenen Amtsperioden sowohl die weibliche Regionalassessorin als auch den ladinischen Assessor gestellt, diesmal sind die Trentiner am Zug?
Das stimmt. Es gibt ein Abkommen, das festlegt, dass abwechselnd die Südtiroler und die Trentiner diese ethnischen und geschlechtsspezifischen Bedingungen zu erfüllen haben. In der letzten Legislatur haben die Südtiroler mit Waltraud Deeg und Manfred Vallazza, sowohl die Frau als auch den Ladiner gestellt. Jetzt wären die Trentiner dran. Deshalb müssen auch sie jetzt dafür sorgen, dass die Spielregeln eingehalten werden und die Vertretung der Frauen angemessen ist.
Ein rechtes Trauerspiel ! …
Ein rechtes Trauerspiel !
... mit dem Dilemma, dass es sich anscheinend keine einzige Frau antun will.
Und dass es mit irgendeiner Frau auch nicht getan ist, sollte ebenso klar sein. Sonst heißt es ja immer dass Fachkompetenz und andere Qualitäten eine Rolle spielen müssen.
Zum Schluss kommt dann die Schuldfrage ... eine gewisse Mitschuld am Trauerspiel traben auch wir Wähler und Wählerinnen. Wobei es sich bei diesen Posten zumindest nicht um systemrelevante (sondern Versorgungspositionen) handelt = der Trost bei dieser Trauer!