"Kein signifikanter Anstieg“

SALTO: Herr Schwienbacher, hat Südtirol ein Problem mit gewalttätigen Jugendlichen?
Lukas Schwienbacher: Bevor man eine Antwort auf diese Fragen geben kann, muss man das Ganze etwas genauer betrachten. Redet man hier von Jugendlichen bis zu 18 Jahren oder älteren Menschen. Außerdem muss man beim Thema Gewalt differenzieren. Gewalt kann sich nämlich unterschiedlich äußern. Zum Beispiel in Form von körperlicher Gewalt, sexualisierter Gewalt oder Diskriminierung. Ein völlig anderes Beispiel wäre das Mobbing beziehungsweise Cybermobbing.
In manchen Südtiroler Tagblättern vergeht kein Tag an dem nicht groß über Schlägereinen unter Jugendlichen berichtet wird.
Geht man von körperlicher Gewalt aus, muss man auch hier wieder unterscheiden. Zum einen gibt es die konkreten Zahlen, mit denen die Taten erfasst werden und zum anderen aber auch die Wahrnehmung. Kommen wir zu den konkreten Zahlen. Hier ist es in Südtirol nicht möglich wirklich eine genaue eine Aussage zu treffen. Denn es gibt kein entsprechendes Monitoring. Außer jenen Gewalttaten die gemeldet oder zur Anzeige gebracht werden. Die Wahrnehmung hingegen ist durch Beeinflussung von sozialen oder klassischen Medien stärker spürbar. In letzter Zeit scheint die Gewalt durch die Thematisierung besagter Medien allgegenwärtig zu sein. Natürlich kommt es immer wieder zu physischen Gewalttaten, vor allem in gewissen Hotspots. Jede Form von Gewalt ist ein Problem. Ich gehe jedoch nicht davon aus, dass die Zahl der gewalttätigen Jugendlichen in Südtirol in Summe steigt beziehungsweise signifikant gestiegen ist. Die Situation lässt sich viel mehr als wellenförmig mit ständigen Auf und Abs beschreiben.
Ja, dann sind ja alle…
Ja, dann sind ja alle beruhigt - auch all jene, die selbst oder deren Familienmitglieder oder Bekannte Gegenteiliges wahrgenommen haben. Der Titel zielt ebenso wie die formell korrekte Aussage, die größte Ausländergruppe im Lande seien die Bundesdeutschen, darauf ab, eine suggestive Wirkung zu entfalten. Was beide effektiv bewirken, ist der weit verbreitete Eindruck, Medien zeichneten eine andere Realität als jene, die der Erfahrungswelt sehr vieler Menschen entspricht und bestärkt in der Folge das Misstrauen in die Mainstream-Medien. Das spielt rechten und populisten Parteien ebenso in die Hände wie Coronaleugnern und Verteidigern des russischen Angriffskriegs.
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Wie immer bei komplexen…
Wie immer bei komplexen Fragestellungen sind auch die Antworten von komplexer Natur. Die momentane Debatte ist wohl auch den kommenden Wahlen geschuldet, nichtsdestoweniger finde ich sie notwendig und wichtig. Eine Kernaussage von Herrn Schwienbacher scheint mir besonders bedeutsam , dass nämlich bei uns die Gewaltprävention noch in den Kinderschuhen stecken würde. Bezüglich Polizeipräsenz lässt sich beispielsweise in Wien (gilt häufig als sicherste Großstadt der Welt) beobachten, dass in Hot-Spots, am späten Abend oder an Wochenenden viele Polizist:innen zu Fuß unterwegs sind. Diese unterhalten sich auch freundlich mit Jugendlichen oder Jugendgruppen und schreiten aber entschieden ein, wenn Gewalt ausbricht. Die Sicherheits-Debatte zeigt strukturelle Defizite in den Bereichen Prävention und Sanktion auf, jetzt gilt es diese Defizite anzugehen.