Wirtschaft | Equal Pay Day

56 Prozent Frauen an Agrar-Fakultät

Noch immer wählen Männer häufig besser bezahlte Jobs im MINT-Bereich, Frauen eher Sozialberufe. Die Uni Bozen bricht mit diesen Rollenklischees und feiert erste Erfolge.
Studierende im Labor der Uni Bozen
Foto:  unibz
  • Letzten Freitag hat der Landesbeirat für Chancengleichheit auf den immer noch eklatant großen Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männer aufmerksam gemacht: Die Lücke (Gender Pay Gap) liegt in Südtirol bei 17,3 Prozent, im EU-Durchschnitt sind es zwölf Prozent. Das erklärte Beiratspräsidentin Ulrike Oberhammer bei einem Flash Mob am Bozner Waltherplatz.

     

    „Der MINT-Bereich bietet tolle Perspektiven für Frauen, zum Beispiel höhere Löhne, sichere Berufspositionen und bessere Aufstiegschancen.“ 

     

    Und das obwohl, Mädchen in der Schule fleißiger sind als Buben, wie eine ASTAT-Analyse der Daten für das Schuljahr 2019/20 belegt. Der Unterschied zeigt sich bereits in der Mittelschule, wo die Wiederholungsrate bei Buben mehr als doppelt so hoch ist wie bei Mädchen, und setzt sich bis zur Abschlussprüfung der Oberschule fort. Auffällt aber auch, dass es bei der Schulwahl geschlechtsspezifische Vorlieben gibt: Im Schuljahr 2023/24 besuchen laut ASTAT mehr männliche Jugendliche eine technologische Fachoberschule (3.092 gegenüber 968) und mehr weibliche (2.854 zu 648) das sozialwissenschaftliche Gymnasium. 

    Auch die Wahl des Studiums wird von Geschlechterstereotypen beeinflusst. Mädchen, die sich für MINT-Studiengänge (Naturwissenschaften, Technik, Ingenieurwesen und Mathematik) einschreiben, sind laut einer ASTAT-Analyse der Zahlen im Jahr 2022/23 mit 9,5 Prozent nach wie vor eine Minderheit unter den Südtiroler Studierenden und können somit keine interessanten und besser bezahlten Berufe ergreifen. Gleichzeitig bleiben soziale Berufe, die häufig von Frauen ausgeübt werden, noch immer niedriger bezahlt als andere Berufsbilder. 

  • Ulrike Tappeiner: Präsidentin der Freien Universität Bozen und Ökologin; Foto: Unibz/matteo vegetti
  • Das Problem ist auch der Freien Universität Bozen bekannt, die mit einer Reihe an Initiativen Frauen für MINT-Berufe beistern möchte. Dazu zählt die vor zwei Jahren gestartete Kommunikationskampagne Women in Science, die einwöchige Engineering STEM School für Oberschulklassen mit 240 Schülerinnen und Schülern im laufenden Schuljahr und auch der persönliche Einsatz von Professorinnen als Vorbilder und Botschafterinnen für Frauen in MINT-Berufen. Außerdem soll ein Forschungsprojekt ermitteln, welche Faktoren die Schul- und Berufswahl vor allem bei Mädchen und jungen Frauen beeinflussen. Die Präsidentin der Uni Bozen, Ulrike Tappeiner, erklärt: „Der MINT-Bereich bietet tolle Perspektiven für Frauen, zum Beispiel höhere Löhne, sichere Berufspositionen und bessere Aufstiegschancen. Außerdem sind diese Berufe prädestiniert für flexibles Arbeiten und in der Regel sehr familientauglich.“ 

    Tappeiner plädiert dafür, Rollenklischees bei der Berufswahl aufzubrechen, auch bei der Pflege und Betreuung: „Soziale Berufe sind sehr vielfältig und leider stark weiblich dominiert. Ich bin überzeugt, dass es auch mehr Männer in sozialen Berufsbildern braucht, um die Vielfalt und die Qualität zu erhöhen. Beispielsweise brauchen Kinder und Jugendliche auch Männer als Rollenbilder. Wenn umgekehrt mehr Frauen im MINT-Bereich sind, trauen sich auch mehr junge Mädchen in diese Berufe einzusteigen.“

    Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass junge Frauen an der Fakultät für Ingenieurwesen der Uni Bozen kontinuierlich mehr werden, auch wenn derzeit nur 22,5 Prozent in den Bachelor- und Masterstudien weiblich sind, im Doktorat liegt der Prozentsatz bereits bei 28 Prozent. In der Fakultät für Agrar-, Umwelt- und Lebensmittelwissenschaften übersteigt die Zahl der Studentinnen mit 56 Prozent mittlerweile die der Studenten, vor zehn Jahren waren es noch 34 Prozent. Damit ist die Anzahl der Studentinnen an dieser Fakultät auch höher als im nationalen Durchschnitt (45 %).