Lebensmittel
Harald Gasser erhält für seinen innovativen Hof seit langem keine Beiträge mehr. Warum das Geschäft trotzdem läuft und was er über Pestizide denkt, sagt er im Interview.

SALTO: Herr Gasser, Sie selbst führen einen ökologischen Kleinbetrieb in Barbian – fühlen Sie sich von dem EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann (SVP) vertreten?

Harald Gasser: Ich habe nicht verfolgt, für welche Beschlüsse sich Herr Dorfmann in den letzten Jahren bei einzelnen Abstimmungen der EU entschieden hat. Wie die Berichterstattung zeigt, versucht er allen gerecht zu werden und daraus ergibt sich eine schwammige Politik. Man weiß nicht genau, wo er steht. Schließlich muss er unsere großen Milchbauern vertreten genauso wie jene, die nur ein paar Kühe haben. So wird er zu einem „Politiker für alle“ und keinem. 

Die Veränderung muss von unten, von den Bauern kommen. 

Wie stehen Sie zur geplanten Pestizidreduktion der EU von 50 Prozent bis zum Jahr 2030?

Viele Pflanzen, die heute in der Landwirtschaft genutzt werden, würden ohne Pestizide nicht überleben. Die Apfelbäume von heute sind Pflanzen „mit besonderen Bedürfnissen“, wo das Gras in Konkurrenz mit dem Baum steht. Dass Gras einen Baum aushungern könnte, kommt in der Natur so nicht vor. Wenn wir Pestizide drastisch reduzieren wollen, brauchen wir deshalb andere Züchtungen, anderes Saatgut und andere Anbaumethoden, bzw. eine andere Anbauwissenschaft. Das macht eine Forschung notwendig, die nicht auf die Bekämpfung der Natur spezialisiert ist, sondern auf eine Zusammenarbeit mit der Natur. Das würde ich mir auch von dem Versuchszentrum Laimburg wünschen.  

Das klingt nach unrealistischen Utopien.

Gerade Südtirol hätte die Chance, in der nachhaltigen Landwirtschaft zum Vorreiter in Europa zu werden. Wir haben durch das herrschende Klima und die Wasserverfügbarkeit gute Bedingungen für fruchtbare Böden und der Tourismus schafft eine hohe Nachfrage nach Lebensmitteln. Zudem stellt sich durch diese gesamten Voraussetzungen die kleinstrukturierte Landwirtschaft als Vorteil heraus. Würde die lokale Gastronomie vermehrt auf lokale Produkte zurückgreifen, dann würde jeder Bauer seine Erzeugnisse loswerden. Dann müsste die Landwirtschaft fortlaufend ihr Angebot natürlich aber diversifizieren.

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rotaderga Lun, 11/13/2023 - 08:13

Der Weg bis zum ausbezahlten Beitrag ist für Gesuchsteller ein bürokratischer Spießruten Parkour.
Von 100% der bereitgestellten Beitrags Kapitel kommen höchsten 25 % beim Empfänger an. Viele Mitesser wie Bürokraten, Techniker und Gutachter verdienen sich goldenen Nasen bis am Ende der/die Politiker*in einem Brief mit Südtirol Emblem und deren Unterschrift hoch offiziell die Gewährung des Beitrages kund tut .
Bei Radikalreduzierung dieser Art der Beiträge gäbe es am Wege einige "Ärmere " mehr.
Diese Wahrheiten werden immer wieder zurückgehalten.
Aber, nicht alle Beiträge sind abzuschaffen.

Lun, 11/13/2023 - 08:13 Collegamento permanente
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Stefan S Lun, 11/13/2023 - 10:10

"Bevor ich Förderungen verteile, würde ich weniger Steuern einfordern, damit die Menschen mehr Geld für Lebensmittel zur Verfügung haben."
Genau hier ist anzusetzen, die Agrar Subventionsmilliarden und diverse weitere versteckte Lebensmittelkosten wie z.B. Müllgebühren machen die Lebensmittel bereits jetzt schon teuer. Das will halt niemand wahrhaben.
Guter Artikel/Interview welches uns mal wieder aufzeigt das es geht und das Monokulturen mittelfristig unsere Lebensgrundlage, durch Vernichtung der Biodiversität, zerstören.

Lun, 11/13/2023 - 10:10 Collegamento permanente
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Peter Gasser Lun, 11/13/2023 - 12:06

In risposta a di Stefan S

Gelesen? (das habe ich mehrfach in die Diskussion gebracht):
„Wenn Lebensmittel teurer werden, wie jetzt auch durch die Inflation, heißt es, dass die Lebenshaltungskosten zu hoch sind. Deshalb wird versucht, die Lebensmittelpreise so tief wie möglich zu halten. Dadurch ist der Prozentsatz des Gehalts, der durchschnittlich für Lebensmittel ausgegeben wird, in den letzten Jahren stark gesunken. Das sieht man vor allem in Deutschland und auch in Südtirol. Während ein Franzose 40 Prozent seines Gehalts für Lebensmitteln ausgibt, sind es in Italien um die 30 Prozent und in Deutschland und Südtirol weniger als 15 Prozent.. Wenn man gesündere Lebensmittel produzieren will, braucht man mehr Zeit und die Produktionskosten steigen...“.
.Nochmal: „ Die Erwartung an die Landwirtschaft lautet also, billig und gleichzeitig hochwertig zu produzieren. Das ist schwierig – utopisch“.

Lun, 11/13/2023 - 12:06 Collegamento permanente
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Stefan S Lun, 11/13/2023 - 13:13

In risposta a di Peter Gasser

Ja klar gelesen -> "Bevor ich Förderungen verteile, würde ich weniger Steuern einfordern,"
"Die Erwartung an die Landwirtschaft lautet also, billig und gleichzeitig hochwertig zu produzieren." Das ist Ihre Sicht der Dinge und trifft auch, je nach Regionen und sozialer Stellung teilweise zu.
Die Ernährung der Bevölkerung ist aber nichts was man dem freien Markt bzw der Industrie überlassen kann und hier verfehlt die EU Subventionspolitik klar die eigentlichen Ziele.
Qualitativ billige Lebensmittel zu Lasten der Gesundheit und Umwelt mit gleichzeitiger Zerstörung unserer Lebensgrundlagen.
Und auch nochmal, die Hälfte der Lebensmittelpreise sind in Abgaben und Steuern versteckt und sind nur augenscheinlich im Supermarkt billig. Und des weiteren verursachen genau diese Verbraucher welche sich mit diesen billigen Industrielebensmittel überwiegend ernähren weitere Kosten wegen Übergewichtigkeit (adipös ca. 20% in Europa), Diabetes (10%) und etliche weitere ernährungsbedingte Mangelerscheinungen. Das sind nun mal die harten Fakten.

Lun, 11/13/2023 - 13:13 Collegamento permanente
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Peter Gasser Lun, 11/13/2023 - 13:48

In risposta a di Stefan S

Zutat: "Die Erwartung an die Landwirtschaft lautet also, billig und gleichzeitig hochwertig zu produzieren." Das ist Ihre Sicht der Dinge...“:
Nein, das sagt hier Herr Harald Gasser im Interview, das Zitat stammt von ihm.
.
Zitat: „Und des weiteren verursachen genau diese Verbraucher...“: da stimme ich Ihnen zu, und diese sind 95% aller Verbraucher.

Lun, 11/13/2023 - 13:48 Collegamento permanente
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Markus Lobis Lun, 11/13/2023 - 16:25

Sehr glaubwürdig, der Harald. Er ist nicht nur sehr kreativ und dadurch erfolgreich, sondern auch ein fundierter (Mit)Denker. Das sind die Treiber für die Transformation, die wir brauchen. Gottseidank gibt es mittlerweile ziemlich viele Bauern und Bäuerinnen wie ihn, darunter viele QuereinsteigerInnen, die oft breit gebildet, experimentierfreudig und manchmal auch wohltuend stur sind.

Hier müssen neue Alleanzen zwischen ProduzentInnen und KonsumentInnen entstehen, die ganz bewußt diesen ganzen Zwischenbereich von Handel und Verarbeitung umgehen, in den sich die Wertschöpfung in den letzten Jahrzehnten verlagert hat.

Lun, 11/13/2023 - 16:25 Collegamento permanente
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Salto User
millo7227 Mar, 11/14/2023 - 08:22

Die Beitrags Masche, ist in jeder Branche , von Landwirt oder Eigenheim ....ein vertragliches Bündnis . Nichts wird einen geschenkt, auch wenn es im ersten Moment so ausschaut...alles hat einen gezielten Hintergrund. Ob es in der persönlichen Verwaltung, Gestaltung oder Verkauf ist, ist der Bürger der ,,dankbar,, das Beitragsgeld kassiert hat, in Handschellen mit den gütigen Spender ewig gebunden .

Mar, 11/14/2023 - 08:22 Collegamento permanente
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Kurt Resch Mer, 11/15/2023 - 19:02

Harald, deine Aussage:
"Wenn jeder dieser Touristen zum Abendessen eine besondere Blüte von einem Südtiroler Bauern auf seinem Teller findet, dann hätten die Bauern insgesamt Einnahmen in Millionenhöhe"
würde ich sogar noch etwas erweitern: wenn wir Gastwirte "nur" 5% vom Gemüse hier in Südtirol kaufen würden, dann wäre das ein tolles Ergebnis. Das gilt übrigens auch für Südtiroler.
Wir brauchen pro Gast und Tag ca. 1 kg Obst und Gemüse. Da würden schon einige Tonnen zusammenkommen. Wie du schon angesprochen hast, ist das natürlich eine logistische Herausforderung, bei den kleinen Betrieben. Für mich als Koch ist es unmöglich das Gemüse selbst beim Bauer abzuholen, dazu fehlt mir einfach die Zeit. Eine Lösung wird schon seit einiger Zeit gesucht, dazu müsste aber die Nachfrage aus der Hotelerie noch steigen.
Eine weitere Möglichkeit wäre es, den öffentlichen Mensen und Kantinen vorzuschreiben, dass sie x% regionale Produkte kaufen müssen. So wie es in Berlin schon mit 50% Bioanteil vorgeschrieben ist, das ist zwar nicht regional, aber immerhin...

Mer, 11/15/2023 - 19:02 Collegamento permanente